Tradingview ermöglicht Nutzern das Erstellen von Charts, Indikatoren und Strategien, die mit der gesamten Community geteilt werden können. Neben einer kostenlosen Basisversion gibt es verschiedene Upgrades mit monatlichen Abonnementgebühren. Ein Überblick über die Funktionen und Hintergründe von Tradingview.
Tradingview ist ein Techstars-Unternehmen
Der bekannteste Gründer von Tradingview ist Stan Bokov. Das Unternehmen wurde durch die Venture Capital-Gesellschaft Techstars gefördert. Diese beteiligt sich an zumeist sehr jungen bzw. in Gründung befindlichen Unternehmen und erhält dafür einen Teil der Aktien. Im Gegenzug erhalten Gründer Kapital und Zugang zu Know-how und Netzwerken. Die Moderatoren des Forums arbeiten unentgeltlich.
Das Prinzip: Trading-Ideen mit anderen teilen
Die Grundidee von Tradingview: Nutzer sollen ihre Charts und Strategien mit anderen teilen. Angemeldete Nutzer können sich durch die Ideen anderer Trader inspirieren lassen und bestimmten Nutzern folgen – etwa jenen, die häufig profitable Ideen auf ihrer Pinnwand publizieren. Ideen werden als Chart geteilt – meistens versehen mit Trendlinien, Hinweisen zu Chartformationen etc. Allerdings müssen erstellte Charts nicht zwingend mit der Community geteilt werden – es ist auch möglich, lediglich das Charttool zu nutzen.
Tradingview ist kein Broker und kein Vermittler. Ideen anderer Nutzer können somit nicht direkt auf der Plattform kopiert werden. Das Unternehmen erzielt Einnahmen durch die Abonnementgebühren der kostenpflichtigen Accounts und Werbeanzeigen in den kostenlosen Accounts. Auch interessant sind die Trading Ideen und Tipps der Trading Brothers, welche man durchaus mit in den Vergleich zu Tradingview ziehen kann.
Die Plattform ist nicht in deutscher Sprache erreichbar – zur Wahl stehen neben Englisch noch Spanisch, Japanisch und Russisch. Die Nutzerzahlen sind in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen: Stand Ende August 2016 wurden ca. 500.000 Ideen publiziert – und knapp sechs Millionen Charts erstellt.
Neben Charts werden insbesondere Skripte geteilt. Es ist möglich, gezielt nach neu geteilten Skripten zu suchen. Diese werden mit dem gesamten für die automatisierte Umsetzung notwendigen Code veröffentlicht und häufig durch die Nutzer grafisch aufbereitet. Mit etwas Stöbern finden sich einfache Indikatoren ebenso wie komplexe Strategien. Die Suche nach Strategien mit bestimmte formalen Eigenschaften ist aber nicht möglich. Über die Kommentarfunktion unter jedem Post ist es möglich, mit dem Entwickler in Kontakt zu treten. Viele Entwickler posten z. B. komplette Backtests ihrer Strategien oder Indikatoren.
Die Profile der Nutzer: Keine Performancelisten
Tradingview berechnet keine Performancelisten aus den Ideen, die Nutzer teilen oder denen sie folgen. Im Profil der Nutzer findet sich lediglich eine Statistik über die Basiswerte, zu denen Ideen geteilt werden. Außerdem können andere Nutzer die bereits publizierten Ideen einsehen und sich ggf. durch eigene Recherchen ein Bild über die Trefferquote eines Nutzers machen.
Der Verzicht auf Performancelisten ist ein entscheidender „kultureller“ Unterschied zu Copy Trading/Social Trading. Dort hängt die Sichtbarkeit eines Users sehr stark vom Gesamtprofit bzw. dem Profit pro Woche, Monat usw. ab. Die Plattform hat im Jahr 2014 ein Rating für User eingeführt („Reputation“). Dieses will das Unternehmen jedoch nicht als kompetitives Element im Wettstreit der Nutzer verstanden wissen. Stattdessen soll das Rating angeben, wie viel Input ein Nutzer der Community zur Verfügung stellt.
Die Funktionen des Charttools
Die gesamte Plattform ist webbasiert: Ein Download ist nicht erforderlich, alle Funktionen können mit dem Tradingview Broker über den Browser genutzt werden. Die Erstellung eines Accounts ist (zumindest in der kostenlosen Basisversion) mit Profilen aus sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter möglich.
Das Charttool wurde nach Darstellung des Unternehmens im Hinblick sowohl auf einfache als auch gehobene Ansprüche konzipiert. Zum Funktionsumfang zählen diverse Chartvarianten (Linie, Balken, Kerzen, Renko usw.), Indikatoren und Zeichenwerkzeuge. Nutzer finden – ganz im Sinne der Idee des (Mit-)Teilens – sehr viele Möglichkeiten für das Hinterlassen von Botschaften im Chart vor. Diese können z. B. in Sprechblasen oder Pfeilen dargestellt werden.
Dennoch geht der Funktionsumfang nicht wesentlich über den anderer Tools hinaus. Zudem ist die gesamte Benutzeroberfläche in englischer Sprache gehalten. Das gilt im Übrigen für das gesamte Portal.
Ein Schwachpunkt der kostenlosen Basisversion ist die Kursdatenversorgung. Die Daten werden von den BATS BZX – einer relativ kleinen US-Börse – geliefert und können von den Daten der großen Börsenplätze abweichen. Weniger liquide Aktien sind ggf. gar nicht Bestandteil der Kursdatenaktualisierung und die Angaben zum Handelsvolumen sind weniger aussagekräftig.
Kursdaten von sekundären Handelsplätzen eignen sich insbesondere nicht im Zusammenhang mit Ausbruchstrategien: An weniger bedeutenden Handelsplätzen kann es durchaus zu einem Überschreiten einer wichtigen Chartmarke kommen, ohne dass daraus Rückschlüsse zu ziehen wären.
Die kostenpflichtigen „Pro“-Versionen
Neben einer kostenlosen Basisversion gibt es insgesamt drei kostenpflichtige Versionen, die gegen eine monatliche Gebühr zusätzliche Leistungen versprechen.
Vorab: In keinem der drei Abonnements sind Echtzeitkursdaten der großen Börsen bereits enthalten. Diese müssen gegen zusätzliche Gebühren separat gebucht werden. Für Daten von Amex, NASDAQ und NYSE fallen z. B. 6 $ pro Monat an. Die Buchung dieser Datenpakete setzt jedoch den Besitz eines kostenpflichtigen Accounts voraus.
In den kostenpflichtigen Versionen können Nutzer eine unbegrenzte Anzahl Charts speichern, „Hot Lists“ einsehen, Push Daten nutzen (nicht die der großen Börsen, s.o.), Intraday-Charts auch für die Chartarten Renko, Kagi, Line Break und PnF nutzen, sich unbegrenzt über ausgelöste Alarme informieren lassen und einen priorisierten Support via Mail und Telefon nutzen.
Skripte für Strategien und Indikatoren teilen
Genauso wie Charts können auch ganze Skripte für Handelssysteme und Indikatoren über die Plattform mit anderen Nutzern geteilt werden. Typischerweise werden die Strategien mit dem Code, einer kurzen Beschreibung und Angaben zu gängigen Bewertungskennzahlen veröffentlicht, wobei auch hier keine Ranglisten erstellt werden.
Die Zielgruppe der Skripte besteht allerdings nicht in Nutzern, die ohne jegliche Programmierkenntnisse in den automatisierten Handel einsteigen möchten. Die Begutachtung der Skripte und die Integration in eine Software setzen zumindest ein rudimentäres Verständnis der Materie voraus.
Screener, Fundamentaldaten und weitere Funktionen
Es gibt einige weitere Funktionen. Zu den wichtigsten zählt der Aktienscreener. Dieser ermöglicht den Scan verschiedener Märkte anhand von technischen und fundamentalen Kennzahlen. Mithilfe des Werkzeugs kann z. B. gezielt nach Aktien mit überverkauften Oszillatoren oder einer hohen Dividende, Gewinnmarge etc. gesucht werden.
Wird der Scanner z. B. auf Oszillatoren angewendet, listet die Anwendung die entsprechenden Kennzahlen zu ADX, ATR, MACD Level, MACD Signal, Momentum, RSI, Stochastic Slow und Stochastic Fast auf. Die gescannten Märkte können mit einem weiteren Klick absteigend oder aufsteigend nach jedem einzelnen dieser Oszillatoren sortiert werden. Der Scanner arbeitet vollständig webbasiert und bemerkenswert schnell.
Pro & Contra
Pro
- Die Basisversion bietet ein kostenloses und brauchbares Charttool
- Auf der Plattform werden nur Ideen geteilt – da kein Handel stattfindet und keine Performancelisten veröffentlicht werden, rücken Analyse und Community in den Vordergrund
- Die Plattform verfügt über eine relativ große Reichweite und ist leicht zugänglich – kein Download, sehr kurzer Registrierungsprozess usw.
Contra
- Es gibt keine deutschsprachige Version
- Offizielle Börsenkurse setzen ein Abo voraus
- Mobiler Handel per App
- Unbegrenzt nutzbares Demokonto
- Günstige Konditionen